Kingsline

Bist du der “King of the Kingsline”?

Diese Frage hat sich mir aufgedrängt, als ich mich vor wenigen Tagen auf den Weg nach Mühlbach am Hochkönig machte. Vereinbarter Treffpunkt war die Talstation der Karbachalmbahn in Mühlbach. Meine Blicke schweiften umher, ich war auf der Suche nach drei richtigen Bergfexen, die mich mit auf die KINGSLINE nehmen sollten. Martin Franzl und Peter Gamsjäger von den Hochkönig Guides Sind staatlich geprüfte Bergführer, aus deren Köpfen die Idee der Kingsline stammt.

Martin, Peter und Carina sind leicht zu finden, sie sind die einzigen Skisportler an der Talstation, die mit Tourenrucksäcken und fetten Freeride-Ski ausgestattet sind und deren Bergfex-Staturen gleich zu Beginn Warnung hätten sein müssen. 53 km Strecke, 1.000 hm Aufstieg und 4.000 hm Abfahrt in freiem Gelände sind die Eckdaten der Kingsline. Wer jetzt glaubt, hier kommt ein billiges Freeride-Schnitzel daher geflogen, irrt gewaltig. Jeder der 4.000 hm Abfahrt will verdient werden und sie machen die Kingsline zu einem Vorhaben für Könner, für sehr gute Skifahrer und erfahrene Tourengeher mit jeder Menge Ausdauer.

Die ersten paar hundert Höhenmeter mit der Bahn

Der Start der Kingsline ist einfach, wir steigen in die Gondelbahn und schweben in Richtung Start auf knapp unter 1.700 m Seehöhe. Wir vier lernen uns kennen und die beiden Guides erzählen mir, wie sie auf die Idee der Kingsline gekommen sind. Das Areal rund um Maria Alm, Dienten und Mühlbach ist auf den ersten Blick nicht tip-top prädestiniert als Freeride-Areal. ABER die Region hält viele versteckte Powder-Juwele bereit, die man unter fachmännischer Anleitung von Martin und Peter erleben kann. Das haben wir auch gemacht und sind zu secret runs vorgedrungen, die dem normalen Besucher oft verborgen bleiben.

Felle rauf, Tourenbindung auf “go”, LVS-Check und los geht’s

Martin übernimmt Führung und Spurarbeit und wir starten los in Richtung Mühlbacher Schneeberg – dem ersten Gipfel auf unserer Skitour über die Kingsline. Beim Aufstieg halten wir Abstand zum Vordermann, die Lawinengefahr darf auch in Nähe zum Skigebiet niemals unterschätzt werden. Nach ein paar Metern Aufstieg stehen wir bereits beim Gipfelkreuz und der Blick wird frei über die kommende Route der Kingsline. “Hoit di au” – das wird ein langer Tag. Auf und ab geht es weiter über den St. Veiter Schneeberg bis zum Ahornstein, einem herrlichen Aussichtsberg mit Top-Panorama zu den schroffen Kalkwänden des Hochkönigs.

Und wann der Schnee staubt …

… dann hat auch der ambitionierte Skitourengeher alles Glück in sich vereint, und es staubt ordentlich. Auch wenn der letzte Schneefall schon ein paar Tage zurückliegt und die Föhnwetterlage die Bedingungen nicht verbessert, so kümmert das die Experten vom Hochkönig nicht im Geringsten. Immer wieder finden sie versteckte Lines und perfekte Powder-Runs, an denen man sich fragt, warum man das nicht 365 Tage im Jahr macht. Doch keine Zeit für extralange Genussorgien und ausgedehnte Pausen in der Sonne. Das ist jetzt kein Scherz, die Kingsline ist keine Kaffeefahrt. Will man die gesamte Tour an einem Tag erleben, muss man sich ranhalten, um noch vor Einbruch der Dunkelheit die Scheppal Alm, den Schlusspunkt der Kingsline, zu erreichen.

Nicht ohne Blick auf die Sicherheit

Die Lawinensituation ist immer Thema im freien Skiraum und interessiert auch uns an diesem Tag. Martin nutzt eine der Pausen (JA wir haben auch Pausen gemacht) dafür und gräbt ein Schneeprofil. In Windeseile verschwindet er bis zur Brust im Schnee und legt einen “Rutschkeil” frei, der sich dann auch nach wenigen mittelschweren Schlägen mit der Lawinenschaufel in Bewegung setzt – der Profi weiß, wie’s geht. Grund dafür ist eine Bruchschicht im Altschnee, die vermutlich durch eingeschneiten Raureif entstanden ist und die eine nicht unwesentliche Gefahrenquelle auf Tour darstellt. Wer allerdings mit den Profis auf Tour geht, kann sicher sein, dass sie stets die beste Spur und Abfahrtslinie finden und ein stetes Auge auf die Sicherheit der gesamten Gruppe haben.

Weiter geht’s, der Weg ist weit

Nach ausgiebigem Genuss des Panoramas am Ahornstein machen wir uns an die Abfahrt in Richtung Dienten, wo wir im Anschluss in den Bus steigen. Dieser bringt uns zum Filzensattel, von wo aus wir in Richtung Grüneck aufsteigen. Von dort fahren wir über herrliche Pulverschneehänge ins Gemeindegebiet von Maria Alm ab und steigen in die Gondelbahn zum Aberg –  eine willkommene Pause, da im Anschluss der längste Anstieg der Tour wartet. Nach wiederholter Abfahrt in östlicher Richtung, besteigen wir den markanten Klingspitz, der nicht nur den höchsten Punkt der Kingsline darstellt, sondern einfach ein wunderschöner Berg ist. Ein echter Gipfelsieg – hoffentlich reicht die Kraft.

Wir haben es geschafft – Wine & Dine in der Scheppal Alm

Stopp – ganz so weit sind wir noch nicht. Vorher nehmen wir nach der Abfahrt vom Klingspitz noch die Gondel von Dienten über die Wastlhöhe zurück in Richtung Ausgangspunkt. Eine letzte gemütliche Rast, bevor wir diesmal auf der Piste zurück nach Mühlbach fahren. Kurz bevor wir die Talstation der Karbachalmbahn erreichen, liegt die Scheppal Alm – eine stylische Hütte und willkommene Einkehr für müde Kingsline-Bezwinger. “Wine & Dine” ist das Motto und wir lassen uns müde in die bequemen Sessel fallen. Zumindest ich bin müde, meine Guides und Carina wirken so, als würden sie das jeden Tag machen und, als könnten sie gleich nochmal auf die Kingsline starten.

Ohne mich, sag ich nur – mir reichen 53 km am Tag, auch wenn ich keinen davon missen möchte. Die Kingsline ist eine Hammer-Skitour und fällt definitiv in die Kategorie der besten Touren, die ich je unter meine Steigfelle nehmen durfte! Großes Lob und Dankeschön an Carina, Martin und Peter fürs Guiding und Gratulation zur Idee der KINGSLINE.

https://youtu.be/rTUi9rLZHvc

Text: Stephan Obenaus
Fotos: Stephan Obenaus

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